Kann man während einer Langzeitreise und während man in seinem Fahrzeug lebt, einen Refit, eine große Umbauaktion und Renovierung starten? Nun, dass es geht, zeigt euch dieser Artikel. Was es wirklich bedeutet, aber auch.

Ausgangslage

Über ein Jahr ist es her, dass wir unseren Laster gegen ein Segelboot getauscht haben. Einen kleinen Katamaran, um genau zu sein. Schnuckelige 37 Fuß (ca. 12m) lang und 5 Meter breit. 

Der Deal des Kaufes passte für uns, die vorhandene Ausstattung und der Zustand waren dem geforderten Preis nach einiger Verhandlung angemessen. 

Doch wie es immer so ist, mit der Zeit kommen die genaueren Analysen und danach die Wünsche nach Verbesserung. Während unserer Zeit auf dem Boot in Spanien waren das hauptsächlich die Elektrik und einige elektronische Komponenten, die uns zum Leben auf dem Boot gefehlt haben. Hier sei beispielhaft ein vernünftig dimensionierter Wechselrichter genannt. Aber auch für die Sicherheit und den Komfort beim Segeln sind einige Dinge wichtig, wie beispielsweise zuverlässige Tiefen- und Windmesser. 

Mit der Zeit kommen die Wünsche.

Was wir da noch nicht ahnten, war die Reise mit dem Boot nach Deutschland. Und ein dazugehöriger Winter in ebendiesem Land aufgrund eines mißglückten Verkaufs des Bootes (ich glaub ich habe euch schon einen ausführlichen Artikel dazu versprochen, kann das sein? Falls ja: er wird kommen!). 

Dieser Aufenthalt in Deutschland zwang uns dann zu viel weitreichenderen Umbauten, als anfangs gedacht und priorisiert. Will sagen, es waren Optimierungen dabei, die wir beim Kauf schon eingeplant hatten, aber weit später erst machen wollten. Ein Beispiel ist hier die ausführliche Dämmung des Schiffes.

Wasserfall in Schweden
Auch die Scheiben der Sprayhood wurden erneuert

Maximale Autarkie

Zur Einordnung was für uns wichtig ist, ein kleiner Auszug zur Ausstattung unseres LKW: Wechselrichter für 230V – mindestens 1500W, besser mehr. Ausreichend Solarkapazität für unbegrenzten grünen Strom. Waschmaschine und fließend Wasser. Auch warmes Wasser natürlich. Wasserfilter für unbedenkliches Trinkwasser aus dem Tank zu jeder Zeit. Toilette und Dusche sowieso. Zuverlässige Heizung(en). Kabel und elektrische Verteilungen in ausreichender Dimension, um nicht Sorge zu haben, wegen zu kleiner Kabelquerschnitte abzubrennen. Sparsame LED Beleuchtung. Platz in Regalen, Schubladen und Auszügen für Spielzeug von Kind & Hund. Zuverlässige Gasversorgung zum Kochen. Ein großer Kühlschrank. Kurz gesagt: Autarkie in allen Bereichen. Darauf kam es für uns immer schon an. Und kommt es auch weiterhin.

Beim Boot kommen wie oben erwähnt noch einige Dinge mehr hinzu, weil das Sicherheitsbedürfnis und das Element Wasser einen anderen Blickwinkel erfordern. Zum Beispiel sollte man eine Rettungsinsel dabei haben. Einiges von der oben genannten Ausstattung war auf dem Boot schon vorhanden, sehr vieles aber eben auch nicht. So kam es dazu, dass wir sofort nach Kauf anfingen, das Boot nicht nur optisch zu verschönern. Sondern vor allem technisch musste einiges angeschafft und verbessert werden. Immerhin ist das Schiff auch schon dreißig Jahre alt und wurde meist nur küstennah in Spanien bewegt. Jedenfalls wurde nicht Vollzeit darauf gelebt. Ihr müsst euch also vorstellen, dass ihr eine X-beliebige Weißware kauft, und aus diesem für Urlaube und Wochenendfahrten entwickelten Gefährt ein fahrendes (oder in diesem Fall schwimmendes) Haus bauen wollt.

Nach dem Umbau
Das Ruder ist endlich draussen

Die Projekte waren vielfältig und wollten nach Dringlichkeit sortiert werden. Aber wo fängt man sinnvoll an, wenn man gleichzeitig auf  dem Schiff lebt? Diese Entscheidung hat uns unser Boot, freundlich wie es ist, gleich mal selbst abgenommen: der Motor lief nicht zuverlässig. Ich weiss nicht mehr, wie viele Wochen wir uns ausschließlich darum kümmern mussten. Erst hatten wir mit Dieselpest zu kämpfen, dann sehr sehr lange mit Luft im System und daraus resultierenden Aussetzern. Behoben werden konnten diese Aussetzer nur mit aufwändigem Entlüften des ganzen Systems. Hoffentlich endgültige Abhilfe haben wir erst in Deutschland schaffen können, hier haben wir eine elektrische Dieselpumpe nachgerüstet. Bis dahin hatten wir einige Motorausfälle, auch auf den Kanälen, zu überstehen.

Danach kümmerten wir uns noch in Spanien um die Elektrik. Windmesser und Tiefenmesser sowie Geschwindigkeitsanzeige funktionierten nicht mehr, hier wurde für Ersatz gesorgt. Das allein ist relativ einfach gemacht und deshalb kein Hindernis beim Leben an Bord. Einmal ein neues Kabel durch den Mast, ein Kabel längs durchs Schiff für den Tiefenmesser und die Logge, fertig. Zumindest fast. 

Bis hierhin war es ein weiter Weg!

Elektrik erneuern

Gleichzeitig hierzu wurde ein Haushaltskühlschrank besorgt, denn der eingebaute war einfach viel zu klein für 4 Personen. Damit der neue Kühlschrank auch betrieben werden kann, braucht es was? Richtig, 230 Volt. Die kommen aus einem Wechselrichter, der aus 12 Volt eben 230 Volt macht. Wir hatten zwar einen kleinen an Bord, aber 150W Leistung ist etwas zu wenig. Nicht für den Kühlschrank, der gönnt sich im Betrieb nur 50W. Aber eine Flex muss vielleicht auch mal betrieben werden. Oder ein elektrischer Ofen. Also einen Wechselrichter von Victron eingebaut und hierbei gleich die 230V Versorgung im Schiff angepasst und überprüft.

Wo wir grad dabei sind: auch das Ladegerät für den Landstrom haben wir ersetzt und die Verkabelung angepasst: wir haben 230V dauerhaft zur Verfügung, aber immer nur über den Wechselrichter. Das Ladegerät hat eine eigene Steckdose bekommen und hängt nicht mehr am restlichen 230V Netz des Bootes. Es lädt also ausschließlich die Batterien. Das war dann doch schon etwas aufwändiger und störender, da ja immer wieder die Batterien abgeklemmt und auch die 230V Versorgung lahmgelegt werden mussten.

Damit nun all die tollen, stromfressenden Spielereien auch funktionieren, setzen wir auf Solar. Günstig in der Anschaffung, so grün wie es eben geht und wenn die Sonne scheint eben kostenloser Strom. Nun hatte unser Boot beim Kauf auch schon zwei Module verbaut – mit jeweils 75Wp Leistung. Gewaltig. Und nicht angeschlossen. Super. Da wir also nicht mal wussten, ob die Module noch funktionieren (Spoiler: sie liefern ganz hervorragend, als jetzt flexibel aufstellbare Module) haben wir einen Solarregler und ein Haushaltsmodul mit 450Wp Leistung angeschafft und verbaut. Inklusive neuer, ausreichend dimensionierter Kabel natürlich. Und überhaupt: wenn man schon dabei ist, kann man die 12V Verteilung ja gleich komplett verbessern, erneuern und absichern.

Wichtig war noch die Situation im Bad. Es gab die ganz normalen, leider nicht besonders nutzerfreundlichen WCs (ja, wir hatten zwei-warum auch immer) an Bord. Beide waren natürlich undicht. Wer hier mehr zur Funktionsweise wissen möchte, dem lege ich gerne  diesen Artikel ans Herz. Da wir ja seit 4 Jahren eigentlich nur gute Erfahrungen mit den Trenntoiletten gesammelt haben, fiel hier die Wahl nicht schwer und wir bauten die undichten, nervigen Seewassertoiletten aus und ein TrockenWC ein. Kein großer Akt für die Stimmung an Bord, der Austausch ging schnell und wir lagen ja in einer Marina mit Sanitärgebäude.

Die restlichen Arbeiten in Spanien bestanden dann hauptsächlich aus Dekorieren, das Boot innen mit Farbe aufhübschen und Romys Zimmer herrichten. Klar, auch 1000 andere Kleinigkeiten wollten erledigt werden, aber nichts hat wirklich das Leben an Bord eingeschränkt.

Salon gedämmt, aber noch unverkleidet. Das Armaflex schluckt extrem viel Licht

Leben im Winter auf dem Boot

Richtig interessant wurde es erst, als klar war, dass wir den Winter an Bord in Deutschland verbringen werden. Da sind die Herausforderungen gleich ganz andere als im trockenen Süden. Es geht um Kondenswasser, Heizung, Lüftung, Trocknen des Bootes und vieles mehr.

Damit das Ganze nun endgültig fertig wird und nicht halbe Sachen gemacht werden, fängt man am Besten mit der Dämmung an. Damit das wiederum möglich ist, müssen alle Deckenverkleidungen entfernt werden. Auch alle Schränke müssen leer sein. DAS hat dann schon einen kleinen Einfluss auf das Leben an Bord 😉

Ein paar Tage allein haben mir aber gereicht, um die alte Deckenverkleidung zu entfernen und die Dämmung soweit fertig zu bekommen, dass alle wieder an Bord kommen konnten. Ist halt ein kleiner logistischer Kraftakt so mit Baby, größerem Kind und Hund. In dem Zuge haben wir die Deckenverkleidung gleich ganz erneuert, also neue Platten angefertigt und mit Möbelwatte und Kunstleder neu bezogen. Es war zwar hier und da ein wenig Origami im Salon nötig, um das an Bord hinzubekommen, aber insgesamt hat auch das sehr gut geklappt. Die Kabinen von den Kindern wurden nach der Dämmung mit Sprühkleber und hellgrauem Filz bezogen. Und dekoriert natürlich. 

Jetzt hat der Wohnraum zwar an den Wänden und der Decke sein Upgrade bekommen, aber der alte, eklige Teppich war noch überall im Schiff verbaut. Dieser ist nicht nur schwer sauber zu halten, vor allem mit Baby. Er ist auch nicht besonders fußwarm gewesen und überhaupt einfach nur alt und….naja, ziemlich unlecker halt. Unsere Alternative hier: Korkboden. Den Boden während des Lebens an Bord zu erneuern, war stellenweise schon etwas nerviger (Stichwort Trocknungszeiten der Versiegelung und Ablüftzeiten des Kontaktklebers), aber insgesamt gut machbar. Und damit es für den Winter endgültig gemütlich ist, haben wir geschwind noch einen Kamin* installiert. Der braucht ja nur ein Loch in der Decke. Und ein kleines Podest.

Die nächste Baustelle war die Wasserversorgung. Im gesamten Boot waren noch die originalen Leitungen verlegt und dementsprechend schmeckte das Wasser aus den Tanks. Unser Ziel ist ja, autark zu sein, also auch kein Trinkwasser kaufen zu müssen. Im damaligen Zustand war das auch aufgrund der alten Beschichtung in den Tanks ein Ding der Unmöglichkeit. Also alle Leitungen gegen das bewährte John-Guest System getauscht. Die Wassertanks konnten wir noch nicht neu beschichten, da es für Arbeiten mit Epoxy im Winter zu kalt ist. Leider hat auch der Warmwasserboiler, welcher mit Gas betrieben wird, zwischenzeitlich eine Undichtigkeit an der Gasleitung bekommen. Langfristig wollten wir diesen sowieso austauschen, da wir möglichst wenig Gasverbraucher an Bord haben wollen. Macht nichts, wird der eben doch kurzfristig gegen einen Boiler getauscht, der die Motorwärme nutzt und zusätzlich mit Strom betrieben werden kann.

Ach ja, kurz bevor es wirklich kalt wurde, versagte natürlich auch noch die eingebaute Dieselheizung. Habe ich schon erwähnt, dass wir mit den Markengeräten irgendwie immer Theater haben? Wer mehr dazu lesen will, wir hier und hier fündig. Dank einer neuen Autoterm 2D* die nur fix noch eingebaut werden musste, mussten wir glücklicherweise doch nicht frieren. Generell lässt sich übrigens sagen, dass beim Leben auf dem Wasser und den immer anfallenden Arbeiten am Boot die Temperaturen einem immer wieder das Leben schwer machen können. Bei uns war es der Kleber für den Korkboden, die geplante Arbeit mit Epoxy in den Wassertanks und die alte Farbe an den Wänden, woran die Dämmung teilweise schlecht hielt, die hauptsächlichen Problembereiter. Und natürlich das allzeit vorhandene Kondenswasser. Was hätten wir nur ohne den Kamin gemacht?

Das Schiff muss an Land

Nun hatten wir aber auch unter Wasser noch einige Arbeiten zu erledigen: Auf der Fahrt nach Norden haben wir uns bei der Einfahrt zu einer der vielen Schleusen eines unserer Ruder kaputtgefahren. Das Ziehen desselben im Wasser hat leider nicht funktioniert und so war klar, dass das Schiff aus dem Wasser muss. Dazu kam unser Antrieb, der ein kleines Ölproblem an einer Manschette hatte und deswegen stark geschont werden musste. Die Reparatur dieser Manschette ginge grundsätzlich auch im Wasser, aber eben nicht, wenn man sich 15 Jahre nicht um den Antrieb und die Pflege hiervon kümmert. Dann lässt sich der Driveleg nämlich gar nicht erst ausbauen. Zudem haben wir uns durch die 200+ Schleusen auch einige Kratzer in den Rumpf gezogen. Diese können an Land natürlich einfacher beseitigt werden als im Wasser liegend mit Schlauchboot. Die Wassertanks liessen sich ebenfalls erst jetzt neu beschichten, da die Temperaturen es endlich zuließen. Also muss das Boot für einige Zeit aus dem Wasser und die Familie von Bord. Unser Hund ist einfach zu groß, um auch an Land liegend auf dem Boot leben zu können. Doch auch hier genügen einige Tage intensiver Arbeit und alles ist geschafft.

Viele weitere Kleinigkeiten wie die Winschen, die gewartet werden mussten, die Fallen (=Leinen für das Hissen der Segel) die getauscht werden wollten, Ölwechsel am Motor und Getriebe, Besorgen von Rettungsinsel und EPIRB, den Boden im Dinghy verbessern und hunderte andere Projekte mehr, fallen bei einem solchen Refit kaum noch ins Gewicht und gehören mehr oder weniger zum Bootsalltag. Daher gibt es hier eigentlich auch keine oder nur sehr wenige Einschränkungen für das Leben an Bord.

Fazit. Ein Umbau, ein ziemlich ausführlicher Refit und Renovierungen sind auch während des Lebens an Bord gut machbar. Hier und da gibt es Einschränkungen im Alltag, klar. Vor allem wenn geschliffen werden muss oder Heizung, Elektrik oder Wasser nicht funktionieren, ist Kreativität und Schnelligkeit gefragt. Vieles kann auch vor Anker erledigt werden, genügend Strom für Geräte vorausgesetzt. Ein Hafen und ein Fortbewegungsmittel für Baumarkt und Yachtshop sowie eine Postadresse für Pakete machen die Sache natürlich aber deutlich einfacher. Ach, wo wir gerade bei Post sind: Über den Anbieter Dropscan* empfangen wir zwar keine Pakete, aber unsere „normalen“ Briefsendungen. Falls du dich schon immer mal gefragt hast, wie wir das auf Reisen handhaben. Jedenfalls sind mit ein wenig Planung die meisten Arbeiten gut machbar, ohne dass man in ein Hotel oder ähnliches muss. Sogar während das Schiff an Land liegt, kann man in vielen Marinas weiterhin auf dem Boot leben und daran arbeiten. Ging bei uns halt wegen des Hundes nicht. Haben ja keinen Kran an Deck 😉

Für ein paar mehr Eindrücke habe wir euch noch eine kleine Galerie angefügt, viel Spaß beim Durchscrollen. Und wenn auch du schon eine ausführliche Renovierung deines Fahrzeugs mit dazugehörigen Tipps, Fehlschlägen oder lustigen Erlebnissen hinter dir hast: wir freuen uns über deinen Kommentar! 

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