Der Alltag

Mittlerweile leben wir über ein Jahr im Laster, etwas mehr als 8 Monate davon waren wir dauerhaft unterwegs. Zeit für ein Zwischenfazit unseres Alltags.

Weil diese Zwischenbilanz recht ausführlich ausgefallen wäre, haben wir eine kleine Artikelserie dazu veröffentlicht. Aufgeteilt in die Themen Fahrzeug, Alltag, Reisen mit Kind und Reisen mit Hund.

Mittelmeerstrand in der Carmargue

Ein Jahr im mobilen zu Hause. Das hat irgendwie viel verändert und irgendwie doch wieder nicht. Das Leben im LKW läuft eigentlich in vielen Bereichen genau nach den selben Gesetzen ab, wie ein Leben im Steinhaus. Man steht auf, man verbringt seinen Alltag (dazu später mehr), man geniesst seine Freizeit (!) und man geht wieder schlafen. Soweit ganz normal. 

Dass es doch nicht so ganz normal läuft, welche Schwierigkeiten im täglichen Leben auf uns warten, welche Streitereien wir haben (haben wir welche?) und ob wir irgendwas an unserer momentanen Art zu leben ändern würden, das wollen wir in diesem zweiten Artikel unserer kleinen Serie unter die Lupe nehmen. Ganz ehrlich. Ganz ungeschönt. Ganz frei von der Leber weg.

„Wo ist denn schon wieder das Ladekabel?“

Zuerst ein paar Dinge, die uns aufgefallen sind und sich doch etwas vom „normalen“ Leben im Haus unterscheiden:

  • Wir haben noch immer zu viele Klamotten dabei. Ja, das geht.
  • Der Spruch: „Das Leben unterwegs findet sowieso meistens draussen statt“ stimmt nicht. Zumindest nicht, wenn man einen LKW zur Verfügung hat.
  • Dass morgens einer zuerst noch im Bett liegen bleibt und der andere den Kaffee startet, macht absolut Sinn. Man hat dann nämlich mehr Platz. Beim Kaffee. Und im Bett 😉
  • Man hat wenig Platz. Und sucht doch ständig irgendwas. 
  • Man hat wenig Platz. Und kann es dennoch sehr gut sehr lange miteinander aushalten.
  • Man kann mit zweieinhalb Personen heiss duschen, obwohl der Heisswasserboiler nur 15 Liter Inhalt hat.
  • Es bleibt dabei: einer ist noch immer chaotischer als der andere. Wer was ist, bleibt euch überlassen.

Ihr seht, einiges ist doch ziemlich anders als beim Steinhaus, natürlich sind ein paar Punkte auch mit einem Augenzwinkern zu sehen. Einfach weiterscrollen, wenn ihr sehen wollt, was wir daraus täglich lernen und mitnehmen.

 

Strandsetting.

Eine Langzeitreise ist kein Urlaub. Glauben die wenigsten, ist auch nichts neues, muss aber immer wieder gesagt werden. Eine Langzeitreise bedeutet vor allem auch Stress. Die Bilder sagen natürlich fast immer etwas anderes, doch das sind Momentaufnahmen. Aufbereitet. Und mal ehrlich: wer schaut sich nicht gerne lieber hübsche Bilder aus fernen Zielen an, als gammelige 0815 Fotos. Klar kann man immer nach mehr Realität bei den Reisefotos rufen, anschauen will es sich dann aber meistens doch keiner.

Aber wir schweifen ab. Wir waren beim Stress. Es gibt täglich Stress, selbst wenn man mal eine Woche irgendwo steht und eigentlich nichts macht. Dieses nichts machen eröffnet einem die Möglichkeit, Dinge zu tun, zu denen man sonst kaum kommt: Hobbies gibt es ja weiterhin. Denn die Reise an sich ist kein Hobby, sondern Lebensinhalt!

Versuchen wir mal, den Stress knackig darzustellen:

  • Fast täglich muss die Reiseroute abgestimmt werden. „Erstmal losfahren ohne Plan“ funktioniert nicht, sonst fährt man im Kreis.
  • Mindestens einmal in der Woche muss irgendwas versorgt werden. Diesel, Wasser, Abwasser, Lebensmittel, Wäsche und Toilettenentleerung. Auch dafür braucht man geeignete Plätze. Beispiel Einkauf: findet mal einen Parkplatz für einen LKW bei einem Supermarkt der mitten in der Stadt liegt.
  • Selbst grundlegendes wie „weiterfahren oder stehenbleiben“ muss abgestimmt werden. Auch wenn wir sehr gut harmonieren: es will ausdiskutiert sein. Und auch auf die Kleine muss Rücksicht genommen werden.
  • Die Suche nach Versorgungsmöglichkeiten stellt einen immer wieder vor ungeahnte Herausforderungen. Egal ob die geplante Strecke zum Supermarkt wegen einer Umleitung nicht funktioniert oder die Tankstelle zu niedrig ist: Irgendwas ist (fast) immer.
  • Ein Kind auf Reisen hat ganz eigene Ansprüche und Bedürfnisse. Auch diese können bisweilen anstrengend zu erfüllen sein. Romy macht es uns insgesamt aber sehr einfach.
  • Grenztage sind immer Stress pur, mögen sie noch so viel Spaß machen (Mauretanien-Senegal zum Beispiel). Allein die Tatsache, dass man alles im Auge behalten muss, ist extrem anstrengend. Und auch derjenige der im Auto wartet, hat bei solchen Tagen besonders viel zu tun.
  • Die Schlafplatzsuche bedeutet beinahe täglich ein eigenes kleines Abenteuer für sich. Natürlich kann man heute auf viele gute Apps und andere Helferlein zurückgreifen. Dass der Platz auf der Satellitenaufnahme prima aussieht, heisst aber noch lange nicht, dass man mit dem Laster auch dort hin kommt oder hineinpasst.
  • Das Wäsche waschen stellt einen manchmal auch vor Herausforderungen. Denn so banale Dinge wie genügend Wasser zum Spülen und einen Baum oder ähnliches für die Wäscheleine zu haben gehören eben auch dazu.
  • Es passiert momentan zum Glück sehr selten, aber Reparaturen am LKW reissen einen IMMER etwas aus der Bahn. Denn der Tagesplan ist meistens dahin.

Das klang jetzt vielleicht alles etwas negativ, aber kann ja ruhig mal angesprochen werden. Natürlich sind wir auch selbst darauf reingefallen und haben die leise Hoffnung gehabt, dass wir irgendwie viel mehr Zeit haben als sonst. Doch der normale LKW-Reise-24 Stunden Kinderbetreuungsalltag will halt bewältigt werden und stellt insofern zwar einen anderen Alltag als im Steinhaus dar, aber es bleibt trotzdem auch ein Tag mit den immer selben Routinen. Im nächsten Artikel werden wir dann mal die vielen coolen Seiten einer Langzeitreise beleuchten. Versprochen!

Wir haben uns hervorragend eingespielt. Viel Eingewöhnung brauchte es dafür nicht, auch das Leben auf dem begrenzten Platz ist für uns kein Problem. Wir haben schon immer, wenn auch in sehr verkürztem Zeitrahmen, gecampt. Das ist zumindest für die groben Abläufe ein Vorteil, man weiss halt, dass man im LKW nicht gleichzeitig überall vorbeikommt.

Und ja, dabei gibt es bei uns auch in vielen Bereichen die klassische Rollenverteilung. Kochen tut Angi, den Laster reparieren, tanken, pflegen macht André. Wäsche waschen teilen wir auf, mal so, mal so. Auch um Romy kümmern wir uns beide (natürlich!). Eine Ausnahme ist die Routenplanung, das übernimmt André. Macht auch meistens Sinn, denn wer den LKW fährt, weiss meist auch wo er fahren kann und wo besser nicht. Überhaupt ist für uns die Rollenverteilung im Laster nicht altmodisch oder so, sondern sie ergibt sich meist schon aus der Logik. Warum sollte Angi etwa den Laster reparieren und warten, wenn André sich doch schon von Anfang an damit beschäftigt?

Einen typischen Reisetag bei uns kann man etwa so darstellen: 

  • Zwischen 8 und 9 Uhr morgens stehen wir auf, einen Wecker benutzen wir eigentlich nie. Auch nicht an Grenztagen.
  • Einer von uns beiden macht den Kaffee startklar, danach steht der andere auf und geht mit dem Hund eine Morgenrunde.
  • Währenddessen macht der daheimgebliebene das Frühstück fertig und räumt den Wohnraum auf, inklusive Reinigung mit Handfeger und Kehrblech. Der Hund haart.
  • Das Frühstück ist meistens eine Stunde nach dem Aufstehen beendet, eine halbe Stunde später sind wir abfahrbereit.
  • Wir fahren dann meistens bis etwa 13 Uhr, dann gibt es eine Hunderunde und einen zweiten Kaffee.
  • Je nach Lust, Laune und Fahrtziel schauen wir uns etwas an, gehen wandern, entscheiden ob wir noch weiter fahren oder direkt stehen bleiben.
  • Der Nachmittag ist dann zum Spielen mit Romy da, ab und an auch mit etwas Social-Media, Wartungsarbeiten, Einkaufen und sonstigen Dingen die an dem Tag so anliegen, gefüllt.
  • Gegen 18 Uhr (wie spießig wir doch sind) starten wir die Vorbereitungen zum Abendbrot, auswärts essen gehen wir höchst selten. 
  • Danach noch etwas spielen, vorlesen, oder spazieren gehen, dann ist der Tag zumindest für Romy auch schon wieder fast vorbei.
  • Wenn Romy schläft diskutieren wir oft noch die nächste Strecke, oder suchen neue Ziele. Danch bleibt oft noch etwas Zeit um ein Video zu schauen, zu schreiben oder zu lesen.
  • Gute Nacht! 

Etwas Bewegung.

Für uns ist eine gewisse Routine auf Reisen sehr wichtig, denn nur so kann man den Freiraum schaffen um das Erlebte zu verarbeiten. Wenn wir unseren Tag mit Chaos und Anarchie verbringen würden, kämen wir zu nichts mehr. Aber das sind wir, andere Reisende sind eben andere Reisende mit anderen Gewohnheiten.

Ebenso hat es sich für uns sehr bewährt, rechtzeitig nach Wasser, Lebensmitteln und Diesel Ausschau zu halten. Im Klartext heisst das bei uns: wenn wir den Wassertank umschalten müssen, ist die Hälfte des Vorrats verbraucht und wir suchen LANGSAM nach einer Möglichkeit zum auffüllen. Dabei können wir uns immer noch etwa 3 Tage Zeit lassen, ohne Stress zu bekommen. Beim Diesel ist es dasselbe. Auf den letzten Drücker tanken ist extrem unentspannt, also schauen wir bereits nach Nachschub, wenn die Tanknadel noch zwischen viertel und halbvoll anzeigt. Das erpart einem Umwege und den Stopp an „Tankstellen“ wo mit Flaschen oder Kanistern aufgefüllt wird.

Damit der Artikel nicht noch länger wird, beenden wir ihn hier vorerst. Wenn euch noch bestimmte Dinge aus unserem Alltag ganz besonders interessieren, schreibt uns gerne in die Kommentare, dann wird der Artikel noch ergänzt. 

Ansonsten lesen wir uns beim nächsten Artikel aus der Zwischenbilanz. Dann das Thema „Reisen mit Kind“.

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