Endlich, nach mehr als zwei Jahren im Besitz unseres Bootes, sollte es soweit sein. Wir wollten wieder griechischen Boden betreten. Die relaxte Atmosphäre genießen, Sonne tanken und vor Allem: die Inselwelt erkunden. 

Denn auch wenn wir bereits zweimal in Griechenland überwintern durften – die zahlreichen Inseln und Inselchen haben wir noch kein einziges mal gesehen. Na gut, bis auf Lefkada, ganz im Westen von Griechenland gelegen und mehr eine Halbinsel als eine „richtige“ Insel. 

So  begannen wir also im Sommer ’23  mit den Planungen für den Weg von der Ostsee ins Mittelmeer mit dem Boot. Aber Stop, zunächst mal zurück auf Anfang. Wo sind wir überhaupt gestartet? Und wieso Sommer 2023?!

Start in Deutschland

Nun, es ist kompliziert. Damit du überhaupt nachvollziehen kannst, was bis dahin passiert ist, mit uns, dem Boot und dem Langzeitreisen, empfehlen wir diesen und diesen Artikel. 

Wir starten also in Deutschland. Das Boot stand einige Wochen an Land, viele mehr oder wenige wichtige Arbeiten wurden erledigt. Also so Dinge wie ein Ruder wieder zusammenbauen, schauen, dass der Antrieb nicht irgendwann auseinanderfliegt und ein Loch, welches ich bei Refit-Arbeiten selbst in den Rumpf gestochen habe, zu verschliessen. Weil unter der Wasserlinie und so.

Wasserfall in Schweden
Auf dem Mittellandkanal

Mögliche Routen von der Ostsee ins Mittelmeer

Jedenfalls wollten wir eigentlich als nächstes nach Schweden mit dem Boot, waren wir doch sowieso schon an der Ostsee. Doch schon sehr bald verging uns darauf wieder die Lust. Vor allem deshalb, weil im Norden bekanntermaßen nicht sehr lange annehmbare Temperaturen vorherrschen und wir wirklich schon wieder viel zu viele kalte Winter hinter uns gebracht haben. 

So wurde der Mast kurzerhand wieder gelegt und wir starteten im Spätsommer 2023 erneut auf eine Reise mitten durch Europa zurück ins Mittelmeer. Hier wollen wir euch nun einige Erfahrungen und Tipps aufschreiben, wie so ein Trip mit dem Segelboot von Deutschland ins Mittelmeer aussehen kann.

Beginnen wir mal mit einigen „Hardfacts“: Um mit einem Segelboot von der Nord- oder der Ostsee ans Mittelmeer zu gelangen, gibt es mehrere Varianten. 

Klassischerweise fährt man (über die Ostsee) zur Nordsee, durch den Englischen Kanal in den Atlantik, an der Französischen Westküste hinunter und über die Biskaya nach Portugal und Spanien bevor man links abbiegt und an Gibraltar vorbei im Mittelmeer landet.

Die andere Variante ist ganz grob über diverse Kanäle in Deutschland auf die Donau zu fahren und über Österreich, die Slowakei, Ungarn und Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien im schwarzen Meer zu landen. Alsdann müsste man nur noch fix durch den Bosporus und schon wäre man im Mittelmeer, nur eben ganz im Osten, statt im Westen. 

Die letzte Variante führt wieder über verschiedene Kanäle und Umwege nach Frankreich um auf direktem Wege im Golfe du Lion, also grob Marseille, im Mittelmeer zu landen. 

Nach dem Umbau
Irgendwo in Frankreich

Die Route über Frankreich

Aus zwei Gründen kam für uns wieder nur der Weg durch Frankreich in Frage: Die Biskaya war uns mit 2 Kindern und großem, altem Hund zu anspruchsvoll. Und wir wären am weitesten von Griechenland entfernt. Ihr erinnert euch? Da wollten wir ja endlich hin 😉

Die Donau hätte uns sehr gereizt, war uns aber leider wegen des Ukraine-Kriegs zu gefährlich. Denn Odessa liegt nun mal relativ dicht am Donaudelta und auch teilt sich das Delta ein Stück mit der Ukraine und es sind immer wieder auch Trümmerteile auf Rumänischem Gebiet gefunden worden. Auch der Weg zum Bosporus war zu diesem Zeitpunkt für uns nicht wirklich berechenbar. So blieb nur der schon bekannte weg durch Frankreich.

Spannende Schleusen warten auf uns

Mit dem Rhein – denn entgegen geht nicht

Nachdem wir nun ganz entspannt den Mast wieder auf dem Boot waagerecht liegen statt aufrecht stehen hatten, konnte es losgehen. Über den Elbe-Lübeck Kanal ging es auf bekannten Pfaden zunächst zur Elbe, diese wurde bei Lauenburg fast direkt gequert um dann im Elbe-Seitenkanal bis zum Mittellandkanal zu fahren. Auf diesem -wie wir finden eher semi spannenden-  Kanal ging es gemächlich über mehrere Tage (oder waren es Wochen?) bis ins Ruhrgebiet. Und hier muss man sich entscheiden. Hat man einen Motor, welcher genug Leistung hat, kann man entgegen der Fließrichtung des Rheins direkt bis Straßburg und damit bis nach Frankreich fahren. Wenn man aber, so wie die meisten Segelboote, nur über einen schwächlichen Hilfsmotor verfügt, sollte man aufgrund der starken Strömung des Rheins diesen Weg tunlichst nicht wählen und muss den „Umweg“ über die Niederlande und Belgien nehmen. 

Aber auch für die Skipper welche einen kräftigen Motor im Boot zur Verfügung haben, sei dieser Weg sehr empfohlen. Die Niederlande bieten tolle Bedingungen auch mit reichlich freien Ankerplätzen in diversen Baggerseen direkt an den Flüssen und Kanälen, man merkt sofort, dass ein Boot in den Niederlanden einen völlig anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Landschaftlich ist es vielleicht nicht so super spannend, zumindest der Teil, den wir befahren haben. Aber das gleicht Belgien spätestens in den Ardennen mehr als aus. Bevor man diese erreicht, wird es zwar nochmals extrem hässlich und industriell, das Ruhrgebiet ist direkt lieblich dagegen. Aber sobald man diesen Abschnitt hinter sich hat, steht Genuss für das Auge und die Seele auf dem Programm. Und das ist es auch, was uns diese erneute Fahrt dann doch schmackhaft gemacht hat. Denn mal ehrlich: auf dem Weg nach Norden liegen über 200 Schleusen, nach Süden mit dem Umweg sind es noch ein paar mehr. Das ist am Anfang ja vielleicht noch ganz witzig, aber spätestens ab Schleuse 50 nervt es. Besonders, wenn man in wirklich schmalen Kanälen in Frankreich angekommen ist. Warum? Ach ja, die Hardfacts:

Ein großer Hund im Beiboot
In Frankreich geht es eng zu

Die Kanäle in Frankreich: einige Fakten

Die Maximale Breite der Schleusen liegt in Frankreich stellenweise bei 5,05 Metern, mehr als 5,20 sind es selten. Der maximale Tiefgang liegt offiziell bei 1,80m; mehr als 1,70m sollte man aber auf keinen Fall haben. Die maximale Höhe des Bootes über dem Wasser sollte 3,50m nicht überschreiten, wir haben bei gelegtem Mast exakt 3,40m. Und die ca. 200 Schleusen habe ich ja schon erwähnt. Für ein Gefühl der Entfernung: etwa 1400km liegen ab der Grenze D / NL vor einem. Und, wer hat aufgepasst? Nervig wird es für uns in den Schleusen vor allem wegen der Breite. Unser Boot ist am breitesten Punkt 4,98m breit. Da ist nicht viel Luft und deshalb wird jede Schleuse in Frankreich trotz aller Routine zum Erlebnis. Fender passen definitiv nicht mehr zwischen Schelusenwand und Boot und selbst einfache Holzbretter als Ersatz dafür sind fast schon zu dick.

Wir genossen mehrere Wochen in den Niederlanden, mit Ankern, schwimmen und erholen. Wir freuten uns auf die hübsche Landschaft in Belgien und auch auf die schon bekannten Abschnitte in Frankreich. Kennt ihr das, wenn ihr einen Weg schon einmal gefahren seid, aber dieser in der anderen Richtung völlig andere Blickwinkel und Perspektiven öffnet? Deshalb begeisterte uns auch bereits bekanntes Terrain schon jetzt.

Es ist wirklich eng. Aber auch sehr schön!

Wer die Kanäle in Frankreich schonmal befahren hat, kennt aber auch die Tücken, die einen erwarten können. Besonders der Klimawandel und die damit einhergehende Trockenheit führen zu immer mehr Problemen durch zu wenig Wasser in den diversen Stauseen. Diese sind es nämlich, die den Betrieb der Kanäle teilweise erst ermöglichen! Es gibt in ganz Frankreich mehrere dieser Seen, die sowohl für die Versorgung mit Trinkwasser als auch für die Versorgung der Kanäle mit ausreichend Wasser erbaut wurden. Und welche Priorität bei Trockenheit eingeräumt wird, muss man wohl nicht erklären.

So kam es auch, dass wir, im Gegensatz zu der Fahrt Richtung Norden, wegen Wassermangels mitten in Frankreich nicht mehr weiterkamen. In Chalons-sur-Saone war endgültig Schluss, und zwar für mehrere Monate.Wir selbst sind Ende September dort angekommen, erfuhren aber auch, dass andere Segler auf dem Weg ins Mittelmeer bereits seit Juni dort feststeckten. Der Grund waren neben Wassermangel auch Bauarbeiten, die sich immer wieder verzögerten. Zwar hätte es noch die Möglichkeit eines sehr großen Umweges über Paris gegeben, aber auch dieser war sehr unsicher und es war nur eine Frage der Zeit, wann auch dort der Verkehr eingestellt werden würde. 

Ein paar Impressionen.

Wir stecken fest – schon wieder.

Mehrere Monate verbrachten wir also an diesem Ort, welcher glücklicherweise sehr schön gelegen war und auch eine gute Infrastruktur bot. Der Winter kam, wir spielten mit dem Gedanken, den Winter dort zu verbringen, doch wir wollten weiter. Der sonnige Süden lockte! Nach einem kurzen Aufenthalt in Deutschland fuhren wir zu Weihnachten endlich weiter. Zwar gab es nun ausreichend Wasser, aber dafür wurde um diese Jahreszeit die Kälte zum Problem. Sollten die Temperaturen auch nur ein Paar Tage unter den Gefrierpunkt fallen, war die Gefahr sehr groß, dass der Kanal zufriert. Und wir wieder feststecken.

Es kam, was kommen musste. In dem Ort Langres war wieder Feierabend, der Kanal mehrere Zentimeter dick zugefroren. Dazu muss man noch wissen, dass Langres der höchste Punkt, die so genannte Wasserscheide, auf dieser Strecke (Canal entre Champagne et Bourgogne) ist. Kurz hinter dem Ort ist ein etwa 5km langer Tunnel, hinter welchem es vielleicht weitergegangen wäre. Wären wir weiter gekommen? Könnte sein. Doch mit einem GFK Boot sind die Geräusche bei einer Fahrt durchs Eis dermaßen beängstigend, dass man freiwillig aufgibt.

 Und so steckten wir wieder für 2 Wochen fest. Glück im Unglück: wir erreichten eine kleine Marina, welche Strom und Wasser auch über den Winter zur Verfügung stellt. Ärgerlich war es dennoch, denn uns fehlten nur etwa 4 Tage, um es bis zur Saône geschafft zu haben und damit die Kanäle endlich hinter uns zu lassen. Und diese 4 Tage fehlten uns nur deshalb, weil es auf diesem einen Kanal die Besonderheit gibt, dass man in der Nebensaison nicht an den Wochenenden fahren darf. Alles Betteln und Bitten beim VNF, der Kanalbehörde, half nichts. 

So blieb uns wieder nur abwarten, bis das Eis und das Hochwasser auf der sich bald anschliessenden Saône sich soweit aufgelöst hatten, dass wir unsere Reise fortsetzen konnten. 

Endspurt über Saône und Rhône

Der Weg über die Saône und die direkt folgende Rhône war dann schon fast ein Heimspiel und bis auf einige Tage abwettern wegen des Mistrals am südlichen Ende der Rhône hatten wir keine nennenswerten Schwierigkeiten mehr. Auf beiden Flüssen, besonders aber auf der Rhône sollte man sich natürlich regelmäßig über die Wasserstände informieren und damit automatisch auch die Fliessgeschwindigkeit im Auge behalten. Auch warten hier als Highlight einige der höchsten Schleusen Europas, aber ansonsten sind beide Flüsse gut zu befahren. Besonders um diese Jahreszeit, denn es gibt fast keinen anderen Schiffsverkehr und man hat so die Landschaft, den Fluss und die Häfen fast für sich alleine. 

Auf der Rhône geht es durch das beeindruckende Lyon mit seiner interessanten Architektur, durch die wunderschöne Provence, an den bekannten Städten Avignon und Arles vorbei und schliesslich kommt man endlich fast genau im Mittelmeer an. 

Fast genau? Ja, denn leider ist aufgrund von Versandung das Rhône-Delta nicht befahrbar und man muss eine letzte Schleuse in dem Ort  Port-Saint-Louis du Rhone nehmen und kann dann im dortigen Hafen sein Abenteuer in Ruhe ausklingen lassen. Jedenfalls teilweise, denn ab jetzt erwarten einen Mittelmeerpreise und die Häfen werden, zumindest mit einem Katamaran, teilweise unverschämt teuer. Als Anhaltspunkt: wir haben in Port-Saint-Louis ca 250€ bezahlt. Pro Woche – in der Nebensaison! 

Es warten nun noch das Maststellen und eventuell einige kleinere Reparaturen auf einen, denn auch die Fahrt über die Kanäle mit ihren vielen Schleusen und Motorstunden fordern ihren Tribut. Den Mast kann man, wenn auch sehr teuer, gut und professionell in der Marina Port Napoleon stellen lassen, auch sonst gibt es dort alles, was man benötigt; wer möchte, kann sein Boot dort auch aus dem Wasser heben und an Land stellen lassen.

Die größten Schleusen Europas warten auf der Rhône

Wissenswertes

Zum Schluss noch ein paar Tipps: Vergesst nicht, eine Vignette zu buchen, sobald ihr in Frankreich unterwegs seid. Dies geht sehr einfach online hier.

Generell solltet ihr die Seite des VNF, das ist die Kanalverwaltungsbehörde in Frankreich, regelmäßig aufsuchen, um euch über den Streckenzustand zu informieren. Streckensperrungen, Wasserstände, gesperrte Schleusen und alles Wichtige wird dort wöchentlich aktualisiert.

Eine weitere wichtige Webseite ist die des RNPC. Dort findet ihr alle wichtigen Informationen zur Rhône, besonders die Fliessgeschwindigkeiten und Daten zum Wasserstand sind hier interessant. Denn eins könnt ihr glauben: wenn der Fluss schneller fliesst, als euer Boot eigentlich fahren kann, hört der Spaß auf. Bremsen ist dann nämlich nicht mehr möglich und was das bergab, bei der Einfahrt in eine Schleuse bedeutet, könnt ihr euch vorstellen.

Wir können die Fahrt mit dem Segelboot von Deutschland über die Niederlande und Belgien und schliesslich durch Frankreich aber trotz aller Herausforderungen nur empfehlen. Es ist schon eine sehr unwirkliche Reise, mit einem Segelboot durch die Berge zu reisen, die vielen Schleusen zu meistern und Ausblicke zu geniessen, welche einem vom Boot aus sonst verborgen bleiben. Die Versorgung mit Diesel und Lebensmitteln ist überhaupt kein Problem, auch Häfen und freie Liegeplätze gibt es ausreichend. Wir haben uns noch die Flussführer in Papierform zu den Kanälen und Flüssen in Frankreich besorgt, das macht die Planung erheblich einfacher, denn auf Navionics kann man sich hier nicht immer verlassen.

Ach ja, noch eine kleine „Statistik“: den Weg nach Norden haben wir in etwa 6 Wochen geschafft. Nach Süden brauchten wir dann geschlagene 6 Monate. Klar, der Weg ist auch nicht derselbe, aber das war dann doch sehr erstaunlich. Hatten wohl einfach Pech mit dem Wetter, normalerweise ist auch der Weg nach Süden deutlich schneller machbar.

Und weil dieser Post jetzt doch länger geworden ist als gedacht, geht es erst im nächsten Beitrag weiter mit der Reise von Port-Saint-Louis nach Mesolonghi in Griechenland!

Habt ihr noch Fragen? Anregungen? Lob oder Kritik? Dann lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Angekommen im Mittelmeer. Der Mast wird gestellt

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